S A N D

Tanztheater von Sebastian Nübling und Ives Thuwis

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Der deutsche Regisseur Sebastian Nübling und der belgische Choreograph Ives Thuwis haben mit 5 Jugendlichen aus den Theaterkursen des jungen theaters basel, 5 Schauspielern aus dem Schauspielhaus Zürich und 4 Musikern der Band James Legeres einen Tanztheaterabend kreiert. Jeder Schritt auf der mit 40 Tonnen Sand bedeckten Bühne, ist eine Herausforderung. Schon bald fragt man sich, wieviel Energie können die Performer aufbringen, um die eigene Schwere zu überwinden und als Gruppe unterwegs zu sein? Nachdem man am Anfang vor allem die körperlichen Anstrengungen bei der Bewegung in der Gruppe sieht, ändert sich im Verlauf die Perspektive radikal und man befindet sich im Inneren der nach aussen so taff wirkenden Figuren. Hier bekommt man eine Vorstellung von den psychischen Anstrengungen, die jede einzelne Figur aufbringen muss, um in der Gruppe zu bleiben und unterwegs zu sein.

Koproduktion: Schauspielhaus Zürich, junges theater basel, Kaserne Basel.

Bericht auf Tele Basel

Beitrag auf ART-TV

Sie sitzen, buchstäblich, auf einer Sandbank. Und von da kriegen sie den Hintern nicht noch. Nicht als Gruppe jedenfalls. Und so sitzen denn die vierzehn jungen Darstellerinnen und Darsteller … lange stumm und blicken dumm in Sand herum. Bis sich einer losreisst und losrennt. Das ist das Signal für die andern. Sie springen auf, wirbeln durch die Luft, schmeissen sich in den Sand, schmeissen mit Sand um sich. (NZZ)

Sand ist nicht zum Tanzen da. Wer einmal am Meer entlanggelaufen ist, weiß das physisch. Doch genau das passiert bei der Performance von Sebastian Nübling und Ives Thuwis. Das erste künstlerische Zusammentreffen dieser beiden: ein Glücksfall. Sie müssen sich gefunden haben. Das sieht man, und das spürt man. Dieses Tanztheaterprojekt – so die offizielle Lesart des famosen Abends – ist wie aus einem Guss: komponiert wie ein Rondo, mit einem immer wiederkehrenden A-Teil, dazwischen B- und C- und D-Themen. Alles auf Sand. Unglaublich. (Badische Zeitung)

Das Dasein in der Arena des Lebens ist mühselig und repetitiv, wie ein Refrain wiederholen sich kollektive Bewegungsmuster, sie sind die kompliziertesten des Abends, denn schliesslich ist Gemeinschaft ein komplexes Kostrukt. (Tagesanzeiger)

Hier entlädt sich die pure Energie: im Laufen, Marschieren, Fallen – das ist der große Vorteil von Sand: Es tut nicht weh, sich fallen zu lassen, selbst nicht mit dem Gesicht platt nach unten, was slapstickhaft komisch wirkt – , im Boxen, Kicken, Rempeln, Rutschen, Scharren, Werfen, im Schniefen, Spucken, Husten, Keuchen, Japsen: Man hört die Anstrengung, und man soll sie hören: Hier findet eine Verausgabung statt. Aber es gibt auch andere, leise, zarte, poetische, verrückte, skurrile Momente in dieser Sandschlacht zwischen Lust an infantiler Regression und unbedingtem Willen, das zu Boden Ziehende hinter sich zu lassen: Ein Junge formt träumerisch zwei große runde Brüste aus Sand, ein zartes blondes Mädchen, hockt sich neben ihn, zerstört die Männerphantasie, um zwei kleinere runde Hügel zu modellieren: So wortlos schön kann sich die Anpassung des Wunschs an die Wirklichkeit vollziehen. Und man gerät immer wieder ins Entzücken darüber, mit welch einfachen Mitteln hier große ästhetische Wirkung erzielt werden kann. So entstehen mit Förmchen und Schaufeln auch ganz schnell Landschaften aus Städten und Gebirge: Es könnte die Schweiz sein, auf Sand gebaut. (Badische Zeitung)

Von der «Sandbank» … über die «Sandkastenliebe» … bis hin zum «Dreckfressen» zum Schluss wird eine tänzerische Allegorie auf eine versandete Jugend entzifferbar – kraftvoll, drängend und immer hoffnungslos romantisch. (BAZ)

Ein Höhepunkt ist der Auftritt der Band. Man glaubt an einen Witz, als die verdreckten Jungs ihr Schlagzeug und die elektrischen Gitarren holen – bis sie zu spielen anfangen. Ihr Spiel verändert die Atmosphäre, die Musik vermag die Gruppe für Momente zusammenzuhalten. Doch das Miteinander ist von kurzer Dauer. Schliesslich hocken sie alle wieder auf ihrer Bank aus Sand und gucken ratlos in die Welt. (NZZ)

An einen wirklichen Ausbruch ist unter diesen Umständen nicht zu denken. Folgerichtig, fröhlich und fabelhaft selbstwidersprüchlich feiert das Theatertanzprojekt mit der Songzeile «I’m a walking contradiction» die hedonistische Destruktion des Aufgebauten. (BAZ)